Zugegebenermaßen, der Titel hört sich sehr reißerisch an, doch was zunächst etwas flapsig klingt, wird in der Praxis nach unserem Dafürhalten deutlich unterschätzt. In diesem Blog-Beitrag wollen wir uns daher dem Kaufvertrag als Steuersparpotential widmen. Wir gehen dabei auf folgende Themenkomplexe ein:
#1 Klarstellung Kaufpreisaufteilung der Immobilie (Verhältnis Grund und Boden zu Gebäude)
#2 Renovierungen vor Eigentumsübergang “BNL”
Bevor wir starten wie gewohnt unser Disclaimer, dass wir weder Steuerberater noch Rechtsanwälte sind und wir daher mit unserem Blog keine Beratungsdienstleistung abgeben, sondern vielmehr unsere Erfahrungen in den o.g. Bereich mit Euch teilen möchten.
#1 Klarstellung Kaufpreisaufteilung der Immobilie (Verhältnis Grund und Boden zu Gebäude)
Am 21. Juli 2020 gab es seitens des Bundesfinanzhofs (BHF) ein für Immobilieninvestoren sehr interessantes Urteil. Wir beziehen uns auf das Urteil mit Aktenzeichen IX R 26/19.
Ganz konkret geht es um die Kaufpreisaufteilung der Immobilie zwischen Grund und Boden einerseits und Gebäude andererseits. Also eine Aufteilung des Preises auf einen Wert der dem Gebäude zugeordnet und einem Anteil, welcher dem Grund und Boden zugeordnet wird. Hierzu gab es bis dato eine sogenannte Arbeitshilfe des Bundesministeriums für Finanzen (BMF), wonach das Finanzamt den Kaufpreis der Immobilie oftmals selbst berechnet hat.
Dies hatte oft zur Folge, dass aus unserer Sicht das Verhältnis zwischen Grund und Boden zu Gebäude unausgewogen war. Das Finanzamt nimmt dabei nämlich veraltete Gebäude- und Bodenwerte. Durch ein unverhältnismäßig hohen Anstieg der Gebäudewerte in den letzten 10 Jahren wurde unserer Ansicht nach das Verhältnis zwischen Boden- zu Gebäudewert zu den Ungunsten des Investors beeinträchtigt.
Doch wieso ist das unvorteilhaft für Dich? Das hier wichtige Stichwort heißt “Abschreibung” und insbesondere “anschaffungsnahe Herstellungskosten”. Dieser aus unserer Sicht sehr wichtige Aspekt ist auch unter anderem Bestandteil unseres Blog “9 Gründe für die vermietete Immobilie – ein Plädoyer” .
Machen wir zur Übersicht einen kurzen Exkurs:
Vereinfacht ausgedrückt dürfen Grund und Boden per Gesetz nicht abgeschrieben werden, da sie keinem Werteverzehr, d.h. Abnutzung, unterliegen. Gebäude bzw. Bauwerke hingegen haben über die Zeitdauer eine Abnutzung, sodass Du per Gesetz 2,00% p.a. (für privat wohnwirtschaftlich genutzte Immobilien [vermietete Immobilien], die nach 1925 errichtet wurden) des Gebäudewertes abschreiben darfst. Doch Achtung: Du darfst lediglich den Gebäudewert mit 2,00% p.a. abschreiben, nicht den kompletten Kaufpreis. Folglich musst Du für die Ermittlung der Abschreibungsgrundlage den Kaufpreis zwischen Grund und Boden zu Gebäude aufteilen.
Im zweiten Schritt ist gerade bei Immobilieninvestments, wo man in den ersten Jahren nach Erwerb der Immobilie aufwendige Renovierungen durchführen möchte, der Themenkomplex “anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Gebäuden” von großer Bedeutung. Dahinter verbirgt sich die Besonderheit, dass Renovierungskosten, die innerhalb eines Zeitraums < 3 Jahre stattfinden, ggf. nicht sofort, d.h. in voller Höhe steuermindernd angesetzt werden, sondern lediglich im Rahmen der Abschreibung mit 2,00% p.a. abgezogen werden können.
Das ist in der Regel für Dich als Immobilieninvestor nachteilig. Wenn Du also innerhalb von 3 Jahren nach Erwerb der Immobilie Aufwendungen durchführst, die netto (d.h. ohne Umsatzsteuer) 15,00% der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen, sind diese Kosten als “anschaffungsnahe Herstellungskosten” zu klassifizieren.
Folglich darfst Du die Summe der Aufwendungen lediglich mit 2,00% p.a. steuermindernd ansetzen. Doch Achtung: Bei schneller Durchsicht überliest Du ggf. ein wichtiges Detail: Es geht hier um 15,00% der Anschaffungskosten des Gebäudes, nicht der Immobilie (Grund und Boden + Gebäude). Das heißt die Bemessungsgrundlage für die 15,00% schmilzt bei genauerer Betrachtung deutlich ab. Schauen wir uns das Ganze aus Veranschaulichungsgründen doch einmal anhand eines Beispiels an:
Immobilienerwerb 3-Zimmer Wohnung
Kaufpreis: 250.000 €
Größe: 85 m²
Übergang von Nutzen und Lasten: 01.05.2020
Die Mieter ziehen per 31.01.2022 aus der Wohnung aus. Die Wohnung wird nach Auszug vollständig renoviert. Die Renovierungen werden innerhalb der 3 Jahre nach dem 01.05.2020 ausgeführt und die Rechnungen bezahlt.
Renovierungskosten: 28.000€ (netto), d.h. ca. 330€ (netto) pro m² Wohnfläche
Kommen wir nun zu einer beispielhaften Kaufpreisaufteilung, die nach unserer Erfahrung (allgemein gesprochen) recht realitätsnah ist:
Nettokaufpreis (= 100,00%) = 250.000€
Grund und Boden 30,00% = 75.000€
Gebäude 70,00% = 175.000€
Die Bemessungsgrundlage für die Prüfung, ob ein anschaffungsnaher Herstellungsaufwand vorliegt, beträgt 26.250€ (= 15,00% von 175.000€). Folglich könntest Du in diesem Beispiel die Renovierungskosten von 28.000€ (netto) nicht sofort steuermindernd ansetzen, sondern müsstest die Aufwendungen mit lediglich 2,00% p.a. geltend machen. Während Du, wärest Du von einer Bemessungsgrundlage von 250.000€ ausgegangen, 37.500€ (15,00% von 250.000€) als Renovierungskostengrenze gesetzt hättest.
2,00% p.a. von 28.000€ wären dabei gerade einmal 560€. Das heißt Du könntest lediglich 560€ steuermindernd gegen Deine Mieteinnahmen berücksichtigen. Der für Dich steuerliche deutlich günstigere Effekt des direkten Abzugs kommt aufgrund der Abschreibung auf über 50 Jahren (= 2,00% p.a.) faktisch zum Erliegen.
Wäre der Gebäudeanteil bei 80,00% anstelle von 70,00% könntest Du hingegen die ganzen Renovierungskosten sofort steuermindernd abziehen (= 80,00% von 250.000€ = 200.000€; 15,00% von 200.000€ = 30.000€; 28.000€ < 30.000€ und damit der Höhe nach sofort abzugsfähig).
Was wollen wir mit dem o.g. Beispiel verdeutlichen? Wir wollen Dir zeigen bzw. Dich sensibilisieren, dass es sich durchaus lohnt, wenn Du Dir im Vorfeld bzw. vor Beurkundung hinsichtlich der Kaufpreisaufteilung Gedanken machst. Uns ist natürlich bewusst, dass Du den Gebäudeanteil nicht beliebig nach unten oder oben korrigieren kannst, dennoch gibt es gute Gründe gegenüber dem Finanzamt einen hohen Gebäudewert zu verargumentieren.
Ein wichtiger Aspekt dabei ist das von uns oben erwähnte Urteil des BFHs, wonach Du ableiten könntest, dass das Finanzamt zunächst einmal an der im Kaufvertrag vorgenommenen Kaufpreisaufteilung festhalten muss. Dies ist deswegen so entscheidend, da nach unserem Dafürhalten eine Aufteilung zwischen Grund und Boden zu Gebäude basierend auf der Arbeitshilfe eine eher für Dich nachteilige, steuerliche Konsequenz hat.
Übrigens: Wenn Du noch mehr über den Themenkomplex “Anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Gebäuden” lesen möchtest, können wir Dir den Beitrag von Haufe empfehlen.
Der Themenkomplex “Renovierungen vor Eigentumsübergang” ist das wahrscheinlich für uns wichtigste Learning gewesen, nachdem wir einen Steuerberater aufgesucht haben und uns beraten haben lassen.
Kleiner Exkurs: Gerade in unserer Aufbauphase haben wir recht häufig leerstehende Wohnungen gekauft, die wir rasch renovieren und dann zum Marktmietzinsen wieder vermieten wollten. Soweit so gut.
Da wir jedoch sehr ungeduldig waren und rasch Cashflow generieren wollten, um die Bank Annuitäten etc. bedienen zu können, haben wir mit den Verkäufern vereinbart, dass wir direkt bei bzw. nach der Beurkundung die Schlüssel übergeben bekommen. Dies hatte für uns den praktischen Vorteil, dass wir mit den Renovierungen direkt starten konnten. Bis dann der Übergang von Nutzen und Lasten war, d.h. bis wir den Kaufpreis bezahlt haben, waren die Wohnungen oftmals nicht nur vollständig renoviert, sondern auch vermietet. Parallel zu der ersten Bank Annuität haben wir direkt Cashflow aus der jeweiligen Wohnung generiert.
Doch Achtung: Juristen werden Euch von dieser Handhabe sehr wahrscheinlich stets abraten, da dieses Vorgehen u.a. die Gefahr birgt, dass Du bei einer etwaigen Rückabwicklung des Kaufvertrags womöglich ganz oder teilweise auf Deinen Renovierungskosten “sitzen” bleibst. Letzteres ließe sich nach unserem Dafürhalten noch faktisch in einem Kaufvertrag regeln bzw. gestalten, jedoch zieht dies wieder einen gewissen Beratungs- bzw. Aufklärungsaufwand für den Verkäufer mit sich. Bedenkt dabei immer, dass der Verkäufer nicht zwangsläufig ein Profi bzw. agiler Kapitalanleger ist, sodass sich die andere Vertragspartei mit solchen individuellen Vereinbarungen ggf. schnell überfordert fühlen könnte.
Doch neben dem praktischen Nutzen haben wir ca. zwei Jahre nach den Renovierungen durch unseren Steuerberater festgestellt, dass Renovierungsarbeiten, die vor Übergang von Nutzen und Lasten durchgeführt bzw. bezahlt wurden, nicht in die Bemessungsgrundlage der Prüfung von “anschaffungsnahem Herstellungsaufwand” einbezogen werden. Ja, Du hast richtig gehört! Unser oben ausgeführtes Beispiel mit der Prüfung der 15,00% Grenze wäre obsolet, wenn Du die Wohnung ohne Mieter übernommen und vor Übergang von Nutzen und Lasten renoviert bzw. die Rechnungen daraus bezahlt hättest.
Grundsätzlich geht es aus dem Gesetz gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG hervor. Dieser Paragraph besagt: „Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden […]“.
Der Vollständigkeit halber müssen wir anmerken, dass um diesen Punkt sehr kontrovers diskutiert wird und es durchaus passieren kann, dass diese „Lücke“ bald abgeschafft wird.
Beispielsweise wurde bereits nach der Bundesrats-Drucksache 503/1/20 vom 28.09.2020 folgende Gesetzesänderung empfohlen:
“Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die nach dem Abschluss des rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrags oder eines gleichstehenden Rechtsakts und vor dem Ende des dritten Jahres nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).”
Natürlich ist das ein Fallbeispiel, was nicht bei jedem Immobilienkauf Anwendung finden wird, da ein wichtiger Aspekt die leerstehende Wohnung ist. Dennoch finden wir diese Gestaltung beim Kauf einer leerstehenden Wohnung durchaus attraktiv und spannend, da Du mit einer gut vorbereiteten Kaufvertragsverhandlung Deine Steuerpotentiale für Dich deutlich optimieren kannst.
Übrigens: Solltest Du einen Verkäufer/in haben, die diesem Gestaltungsmodell etwas skeptisch gegenübersteht, empfehlen wir Dir folgenden Tipp: Lass’ eine Ausfertigung der Schlüssel noch beim Verkäufer und vereinbare zudem, dass Du ab der Übergabe des Schlüssels schon an die Hausverwaltung das entsprechende Hausgeld zahlst.
Das gibt aus unserer Sicht dem Verkäufer / der Verkäuferin die Sicherheit, dass sie noch einen Schlüssel hat und folglich im Zeitraum von Unterzeichnung des Kaufvertrags bis hin zum Stichtag von Übergang von Nutzen und Lasten Zugang zur Wohnung hätte. Darüber hinaus ist der wirtschaftlich positive Effekt für den Verkäufer bzw. Verkäuferin, dass sie in dem o.g. Zeitraum nicht mehr wirtschaftlich das Hausgeld tragen muss.